Zombie-Unternehmen oder Zombie-Firmen sind hoch verschuldete und unprofitable Unternehmen, die nicht in der Lage sind, die Zinsen für die aufgenommenen Darlehen zu bezahlen. Um die Pleite zu verhindern, werden die Schulden umgeschuldet oder oft neue Darlehen aufgenommen, mit denen die Zinsen und teilweise auch Kredittilgungen bezahlt werden. Dadurch, dass das Zinsniveau aktuell extrem niedrig ist, können viele dieser Zombie-Unternehmen die drohende Pleite noch abwenden. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Zombie-Firmen jedoch stetig zu.
Besondere Situation durch die Corona-Krise
Die Corona-Krise oder besser gesagt, die Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Corona-Virus, haben bereits viele Unternehmen in extreme wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht und belasten diese weiterhin. Durch das notwendige Absagen von Messen, durch die Reisebeschränkungen, durch die gesetzlich vorgeschriebenen Schließungen von vielen Geschäften, Freizeitparks und Restaurants etc. kommen viele Unternehmen sogar in Existenznöte und mit ihnen viele Angestellte.
In einer derart wirtschaftlich prekären Situation ist es vollkommen richtig, dass der Staat mit Steuererleichterungen, Kurzarbeitergeld sowie weiteren Corona-Hilfen die Wirtschaft unterstützt. Dabei kann leider nicht verhindert werden, dass Betrüger die Krise ausnutzen. Es kann auch nicht verhindert werden, dass langfristig nicht überlebensfähige Unternehmen durch die finanziellen Hilfen am Leben erhalten werden. Es wird also nach der Corona-Krise noch mehr Zombie-Firmen geben als vorher. Lassen Sie sich bitte nicht davon täuschen, dass die offiziellen Insolvenzzahlen paradoxerweise im Corona-Jahr 2020 sogar rückläufig waren. Das liegt an den Corona-Finanzhilfen und an der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.
Kurios: Ausgerechnet Finanzexperten eines staatlich geretteten Finanzunternehmens üben Kritik an der staatlichen Unterstützung von Zombie-Firmen
Zombie-Firmen unterbinden die „schöpferische Zerstörung“ im Sinne des Ökonomen Joseph Schumpeter (1883 – 1950). Der Selbstreinigungsprozess der Wirtschaft finde nicht mehr statt. Die „natürliche Auslese des Wettbewerbs“ werde ausgehebelt, kritisierten etwa Experten der Commerzbank. Das ist eine harte, sehr stark am reinen Kapitalismus ausgerichtete Aussage. Diese Aussage mag zwar am Ende auch richtig sein, dennoch wundert es mich, dass sie aus dem Hause Commerzbank kommt. Schließlich wäre die Commerzbank selbst möglicherweise nach der Finanzkrise in den Jahren 2007/2008 der „natürlichen Auslese des Wettbewerbs“ zum Opfer gefallen, wenn der Staat sich damals nicht an der Commerzbank beteiligt hätte. Überzeugte Commerzbanker dagegen wahrscheinlich dagegenhalten, dass das zweitgrößte Privatbankhaus damals nur durch die Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten und im Grunde genommen wirtschaftlich gesund gewesen sei. Letzteres wäre dann der große Unterschied zu den Zombie-Unternehmen, die ja keine langfristige wirtschaftliche Perspektive haben und deshalb besser vom Markt verschwinden sollten.
Der Staat hatte es sich wohl auch so vorgestellt. Ein kurzer Einstieg zur Rettung und nach der Erholung gleich wieder die Aktien mit Gewinn verkaufen – schließlich hatte man sich ja zu Krisenzeiten-Aktienpreisen bei der Commerzbank eingekauft. Doch es kam anders. Die Aktienkurse des Frankfurter Bankhauses fielen immer weiter und die Commerzbank musste im Jahr 2018 sogar den Deutschen Aktienindex verlassen. Dadurch, dass der Kurs der Commerzbank-Aktie mittlerweile nur noch einen Bruchteil dessen ausmacht, was er vor der Finanzkrise Wert war, könnte sich der Staat aktuell nur mit einem riesigen Verlust von seinem Commerzbank-Aktien-Paket trennen. Und bei der Einschätzung, ob ein fremdes Unternehmen eine wirtschaftliche Zukunft hat, scheint ausgerechnet die Commerzbank kein glückliches Händchen zu haben. Schließlich hatten sie ihrem Nachfolger im DAX, also der „Wirecard AG“, einen großen Kredit über 200 Millionen Euro Kredit gewährt. Nach der Pleite des digitalen Finanzdienstleisters im Jahr 2020 musste die Commerzbank die komplette Summe abschreiben. Die Aktionäre sind sauer, weil sie viel Geld verloren haben. Viele Mitarbeiter der Commerzbank leiden unter dem ständigen Strategiewechsel und dem massiven Personalabbau.
Besonders zukunftsfähig erscheint mir die Commerzbank nicht, aber vielleicht können die Experten der Commerzbank die Zombie-Unternehmen gerade deswegen gut einschätzen, weil sie für ein Finanzinstitut arbeiten, das – wie die Zombie-Unternehmen schließlich auch – verzweifelt versucht, wirtschaftliche Perspektiven zu finden.
Zombie-Unternehmen gibt es nicht erst seit der Corona-Krise
Im Jahr 2018 wurden die Ergebnisse einer von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im Jahr 2016 vorgenommenen Untersuchung mit dem Titel „Zunehmende Verbreitung von Zombiefirmen: Ursachen und Folgen“ veröffentlicht. 32.000 Unternehmen wurden stichprobenmäßig untersucht und 6% der Firmen fielen in die Kategorie „Zombiefirmen“. Die Autoren der Studie stellen fest, dass die Verbreitung von Zombiefirmen seit Ende der 1980er Jahre zugenommen hat und ihre Zahl in Rezessionen zwar tendenziell steigt, in Erholungsphasen aber nicht wieder vollständig auf das vorherige Niveau sinkt. Eine wichtige Rolle dürfte dabei spielen, dass aufgrund der langen Niedrigzinsphase der finanzielle Druck auf die Unternehmen, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, gesunken ist.
Sollten viele Zombie-Unternehmen auf einmal in die Insolvenz gehen, wäre das nicht nur ein Problem für die Banken
Unternehmen finanzieren sich nicht nur über Bankkredite, sondern auch über die Ausgabe von Anleihen. Logischerweise findet man die meisten Unternehmensanleihen von Zombie-Unternehmen im sogenannten „High Yield“-Sektor des Rentenmarkts. Der sogenannte „Spread“, also in diesem Fall der Zinsaufschlag für risikobehaftete „High Yield“-Anleihen gegenüber Staatsanleihen, ist derzeit jedoch historisch betrachtet sehr niedrig. Praktisch handelt es sich dabei um einen Risikoaufschlag, der Ihnen angibt, wie hoch die Risiken für solche Anleihen seitens der Marktteilnehmer im Rentensektor eingeschätzt werden. Und mit 3,14% (15.03.2021) ist der Risikoaufschlag sehr niedrig, meines Erachtens sogar viel zu niedrig. Zum Vergleich: Am 25.03.2020 (am 22.03.2020 trat der erste, harte Lockdown in Deutschland in Kraft) und der Risikoaufschlag lag bei 8,82%. Am 22.12.2008, also mitten in der Finanzkrise 2007/2008, betrug der risikoanzeigende Zinsaufschlag sogar sagenhafte 22,95%.
Sollte es zu einigen Pleiten im Bereich der Unternehmensanleihen kommen, könnte es wieder zu einem starken Anstieg der Risikoprämien kommen. Dann sind Verluste für die Inhaber von „High Yield“-Anleihen vorprogrammiert. Diese höheren Risikoaufschläge würden dann viele „Zombie-Unternehmen“ in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, da sie ihre Schulden nicht mehr so günstig refinanzieren könnten. In einer solchen Phase könnte es also zu einem sogenannten „Domino“-Effekt kommen.
Nicht nur der Anstieg von Risikoprämien kann für die Zombie-Unternehmen zum Problem werden
Die Wahrscheinlichkeit für höhere Risikoprämien ist in Krisenzeiten sowie bei aufkommenden Rezessionsbefürchtungen besonders groß. Allerdings rechnen die meisten Marktteilnehmer jedoch aufgrund des zu erwartenden Endes der Corona-Krise nicht an eine Rezession, sondern an ein positives Konjunkturszenario. Das wiederum könnte ein anderes Szenario herbeiführen, das für „Zombie“-Unternehmen ebenfalls gefährlich werden könnte. Eine möglicherweise steigende Inflation im Rahmen einer Konjunkturerholung könnte die Notenbanken dazu veranlassen, die Leitzinsen zu erhöhen. Und für die „Zombie“-Unternehmen ist jede Form des Zinsanstiegs problematisch.
Und was haben die gestiegenen Risiken durch die Zombie-Unternehmen mit Ihren Finanzen zu tun?
Es geht nicht nur um die ökonomischen Gefahren für den gesamten Finanzmarkt, die von einem Platzen der Rentenblase vor allem im „High Yield“-Segment ausgehen könnten. Selbst wenn das Platzen der Blase auf den Bereich der bonitätsschwachen Unternehmensanleihen begrenzt bliebe, könnten Sie von solch einer Entwicklung finanziell negativ betroffen sein. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Sie direkt eine Anleihe einer „Zombie-Firma“ in Ihrem Depot haben, aber dass ein Investmentfonds in Ihrem Depot risikobehaftete Anleihen beinhaltet, ist schon deutlich wahrscheinlicher. Die Fondsmanager wählen risikoreichere Anleihen immer öfter, um nach Fondskosten überhaupt noch einen positiven Ertrag generieren zu können. Es soll sogar Vermögensverwaltungen geben, die aus Renditegründen Anleihen mit schlechter Bonität zumindest beimischen. Mein Tipp für Sie: Lassen Sie sich doch zumindest mal von Ihrem Vermögensbetreuer darüber aufklären, ob Sie überhaupt in diesem Bereich (mittelbar oder unmittelbar) investiert sind und wenn ja, wie hoch Ihr Engagement im Bereich der risikobehafteten Unternehmensanleihen ist.