„Exchange Traded Fund“ heißt die Revolution im Finanzbereich, die bereits im Jahr 1975 begann. Zu diesem Zeitpunkt gründete John Bogle das Finanzunternehmen Vanguard in den USA, das vor allem durch die Erfindung der kostengünstigen börsengehandelten Indexfonds, den „ETFs“, bekannt wurde. Dabei wählte Bogel als Firmensitz für den US-Dienstleister keine der amerikanischen bedeutenden Finanzzentren wie New York, Boston oder San Francisco, sondern die kleine Gemeinde Malvern im Bundesstaat Pennsylvania mit gerade einmal 3.445 Einwohnern. Die kleine Gemeinde ist zwar nicht wesentlich größer geworden, aber der Finanzdienstleister Vanguard schon. Inzwischen hat Vanguard über 14.000 Mitarbeiter weltweit und ist nach dem US-Unternehmen Blackrock mittlerweile zum zweitgrößten Vermögensverwalter der Welt aufgestiegen.
Erstmals ein ETF mit einem Fondsvermögen von mehr als einer Billion US-Dollar
Anfangs noch belächelt von der Finanzbranche kann die Firma Vanguard nun einen fulminanten Erfolg feiern. Der Vanguard Total Stock Market Index Fund überschreitet eine fondshistorisch bedeutsame Marke. Das verwaltete Vermögen ist Anfang 2021 auf sensationelle 1,04 Billionen US-Dollar gestiegen und ist damit der erste passive Fonds mit einem Fondsvolumen von mehr als einer Billion US-Dollar. Leider kann der Gründer, John Bogle, diesen Erfolg nicht mitfeiern, weil er bereits im Jahr 2019 verstorben war. Dafür erkennen immer mehr Kapitalanleger die genialen Vorteile seiner passiv gemanagten Indexfonds.
Die berühmteste Empfehlung, die Bogle gegenüber den Investoren ausgesprochen hatte, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. „Suchen Sie nicht die Nadel, kaufen Sie den Heuhaufen!“ Bogle hat sich mit dieser Aussage und mit der Erfindung der börsengehandelten Indexfonds ganz klar gegen das sogenannte „Stockpicking“ ausgesprochen. Beim „Stockpicking“ versuchen die Investmentfond-smanager, aber auch viele Kapitalanleger und Vermögensverwalter die allgemeine Aktienmarkt-entwicklung zu übertrumpfen, in dem sie Aktien kaufen, die sich besser entwickeln sollen als der entsprechende Aktienindex, was aber dauerhaft nur selten gelingt. Mir ist zumindest nur der Starinvestor Warren Buffett bekannt, der zwar auch nicht immer mit seiner Aktienauswahl richtig liegt, aber dennoch langfristig viele Indizes schlägt. Übrigens empfiehlt Warren Buffett ebenfalls ETFs, wenn ihn die Leute fragen, in was sie ihr Erspartes investieren sollen.
Langfristig betrachtet ist die Wertentwicklung der ETFs nachweislich besser als bei aktiven Fonds
Inzwischen gibt es die ETFs schon so lange, dass man heute durch objektive Vergleiche von aktiv gemanagten Fonds mit den passiv gemanagten Fonds feststellen kann, dass zumindest auf längere Zeiträume betrachtet, diese Strategie des „Stockpickings“ dem „Index-Investing“ ganz klar unterlegen ist.
Lassen Sie sich nicht von geschickten Finanzberatern in die Irre führen, die Ihnen eindrucksvolle Kurs-Charts vorlegen, die beweisen, dass die Ihnen gegenüber empfohlenen aktiven Investmentfonds nachweislich besser gelaufen sind als der Index bzw. die ETFs. Gemäß einer Bundesbankstatistik gab es per Ende 2020 in Deutschland 7.137 zum öffentlichen Vertrieb zugelassene Publikumsfonds. Unter dieser großen Anzahl an Investmentfonds kann jeder einen Fonds heraussuchen, der mit viel Glück über einen Zeitraum von einem Jahr, von fünf Jahren oder auch von zehn Jahren den entsprechenden Vergleichsindex geschlagen hatte. Das heißt aber noch lange nicht, dass der jetzt empfohlene und als „Superfonds“ angepriesene Investmentfonds diese überdurchschnittliche Wertentwicklung auch in Zukunft fortsetzen kann und es ist auch äußerst unwahrscheinlich, dass der Finanzberater genau diesen vorher auch schon seinen Kunden empfohlen hatte. Dass die Spitzenpositionen der Ranglisten der besten Fonds in jedem Jahr nie von den immer gleichen Investmentfonds belegt werden, ist ein untrügliches Zeichen dafür.
Zumindest in den USA sind viele Anleger inzwischen viel besser über die Bedeutung von Fondsgebühren und die offensichtliche „Underperformance“ des aktiven Managements informiert. In Deutschland ist es scheinbar für die Kreditinstitute kein Problem, einerseits die ETFs zu verteufeln und andererseits diese im Rahmen der Verwaltung von Kundengeldern zu nutzen. Hat der Bankkunde einen relativ kleinen Anlagebetrag, d.h. liegt der Betrag unterhalb der Schwelle für eine Vermögensverwaltung, dann werden die provisionsträchtigen aktiven Investmentfonds empfohlen. Reicht die Anlagesumme hingegen für eine Vermögensverwaltung aus, dann werden oftmals die kosteneffizienten ETFs genutzt, um mit diesen die Vermögensverwaltungsstrategie umzusetzen und dafür eine üppige Vermögensverwaltungsgebühr vom Kunden verlangt.
Vor allem auf den richtigen Umgang mit den ETFs kommt es an, damit Sie finanziellen Erfolg haben
Bogle entwickelte 1975 den ersten Indexfonds, den „Vanguard 500“, der die Titel des US-Leitindex S&P 500 exakt nachbildete. Nach und nach kamen immer mehr Indexfonds hinzu und auch andere Fondsgesellschaften boten auf einmal die günstigen und transparenten börsengehandelten Indexfonds an. Zuerst waren es vor allem institutionelle Anleger, die die Vorteile der ETFs für ihre Kapitalanlagen nutzten, heute sind es zunehmend auch Privatanleger, die in die Exchange Traded Funds investieren. Aus einer sehr eingeschränkten Auswahl an ETFs, die zu Beginn vor allem große Aktienindizes abbildeten, ist inzwischen ein unglaublich großes Anlageuniversum an ETFs geworden. Sie können heute mit den börsengehandelten Indexfonds nicht nur in Aktien, sondern auch in Anleihen, Edelmetalle, Geldmarkt, Immobilien, Rohstoffe und sogar in Bitcoin investieren. Auch fast jedes Finanzmodethema wird inzwischen von den Indexfondsanbietern aufgegriffen. Wer sich einen Überblick über die Welt der in Deutschland erhältlichen ETFs verschaffen möchte, dem rate ich, online einen Blick auf die Seiten https://de.extraetf.com oder https://www.justetf.com/de zu werfen.
Nur weil die Exchange Traded Funds kostengünstig und transparent sind und darüber hinaus eine breitere Streuung bieten, heißt es noch lange nicht, dass Sie damit automatisch finanziellen Erfolg haben werden. Sie brauchen trotzdem noch eine für Sie sinnvolle, individuelle Anlagestrategie. Bei der Umsetzung Ihrer individuellen Anlagestrategie können ETFs allerdings eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere im Aktienbereich erachte ich den Einsatz der börsengehandelten Indexfonds als höchst sinnvoll, wobei ich solche ETFs bevorzugen würde, die physisch replizierend sind, d.h. direkt in die Aktien investieren und nicht den Aktienindex über Derivate nachbilden. Natürlich müssen Sie darauf achten, dass der Aktienindex nicht zu hoch bewertet ist, denn auch mit ETFs können Sie in einen überteuerten Markt einsteigen und am Ende große Verluste einfahren.
Bitte verschenken Sie die Kostenvorteile der ETFs nicht wieder
Zusätzlich sollten Sie darauf achten, dass Sie die Kostenvorteile der ETFs nicht dadurch wieder zunichtemachen, dass Sie die ETFs z.B. im Rahmen einer teuren Vermögensverwaltung verwalten lassen. Auch bei den Erwerbs- und Verwahrungskosten gibt es erhebliche Unterschiede zwischen beispielsweise einem Discountbroker oder einer Bank.
Nicht alle Investments, die über ETFs möglich sind, sind auch sinnvoll
Nur weil es einen Index gibt, heißt es noch lange nicht, dass dieser auch wirklich sinnvoll ist. Es ist durchaus vorstellbar, dass eine Investmentgesellschaft einen Modetrend im Finanzbereich aufgreift, einen Index dazu schafft und anschließend einen entsprechenden ETF an den Markt bringt. So gibt es seit kurzem bereits mehrere ETFs von verschiedenen Investmentgesellschaften auf Bitcoin.
Außerdem sollte man stets überlegen, ob und in welchem Maße ein Investment generell über Wertpapiere, einschließlich der ETFs, Sinn macht.
Erstes Beispiel: Gold würde ich nur physisch kaufen, einmal davon abgesehen, dass es aus rechtlichen Gründen in Deutschland keinen ETF nur auf Gold geben darf, sondern nur einen ETC (Exchange Traded Commodity). Die ETCs haben aber genauso wie die Zertifikate ein zusätzliches Bonitätsrisiko des Emittenten und bilden kein Sondervermögen wie beim ETF.
Zweites Beispiel: Aus meiner Sicht sind die Anleihemärkte derzeit äußerst unattraktiv. Anleihen mit wenig Risiko weisen derzeit Negativrenditen aus, weswegen ein Umschichten von Kontoguthaben in den konservativen Rentenbereich Blödsinn ist – auch wenn Sie es über die kostengünstigen ETFs umsetzen würden. Bei Investitionen in Anleihen mit schlechterer Bonität gibt es zwar sehr gute Gründe, ETFs zu nutzen, weil man durch die Streuung das Risiko reduzieren kann und aufgrund der geringen Kosten der börsengehandelten Fonds die ohnehin schon magere Rendite nicht noch mehr zusammenschmilzt. Allerdings sind die Risikoaufschläge für Renten mit schlechterer Bonität derzeit so dürftig, dass Sie ein extrem schlechtes Chance-Risiko-Verhältnis hätten. Meines Erachtens ist derzeit das Kontoguthaben trotz Nullzinsen oder gar leichten Minuszinsen besser zur Liquiditätsbewahrung geeignet als ein Investment in den vollkommen überbewerteten Rentenmarkt.
Ebenso sollte man bei Geldmarkt- und Immobilien-ETFs ganz genau schauen, ob diese wirklich sinnvoll sind – zumindest in der jetzigen Marktphase.
Ich kann Ihnen nur sagen, wie ich persönlich die günstigen ETFs nutzen werde. Sollte der Aktienmarkt mal richtig einbrechen, und die Chancen dazu stehen derzeit weitaus höher als manche denken, dann werde ich ETFs für den Einstieg in den Aktienmarkt nutzen. Sollte der Rohstoffsektor durch einen Konjunktureinbruch sehr niedrig bewertet sein, kann ich mir ebenfalls Käufe von entsprechenden Rohstoff-ETFs vorstellen – obwohl es hier technisch nicht möglich ist, physisch replizierende ETFs zu kaufen, sondern nur synthetische ETFs.
Wir können uns glücklich schätzen, dass uns Mr. Bogle die Möglichkeit eröffnet hat, kostengünstig, transparent und breit gestreut in die Finanzmärkte investieren zu können. Nun liegt es an uns, diese Chancen auch zu erkennen und zu nutzen.